Fünf Tage Istanbul (6)

Der Fähranleger nach Eyüp bfindet sich etwas versteckt im hinteren Teil des Hafens. Zur Orientierung, das Bild wurde von der Schnellbahnbrücke aus aufgenommen

Der Fähranleger nach Eyüp bfindet sich etwas versteckt im hinteren Teil des Hafens. Zur Orientierung, das Bild wurde von der Schnellbahnbrücke aus aufgenommen

Eyüp

 

Später am Nachmittag, wir hatten uns in unserem Hotel etwas ausgeruht, packt uns wieder die Unruhe. Ich mache den Vorschlag die von Eyüp-Sultan-Moschee zu besuchen. Die Moschee liegt unterhalb eines Hügels, über den sich der muslimische Friedhof zieht. Mit ihrem Bau wurde 1458 begonnen und sieht man davon ab, dass sie mehrmals abgerissen und neu aufgebaut wurde, ist sie eine der ältesten Moscheen der Stadt. Mit einer Seilbahn gelangt man hinauf zu einem kleinen Café mit einer Aussichtsplattform . Von dort aus läuft man schließlich über den Friedhof hinunter bis zur Moschee. Das ist in sofern etwas speziell, als dass sie in unserem Reiseführer nicht mehr eingezeichnet ist, weil sie ziemlich weit, jedenfalls für Reiseführer, im Golden Horn liegt. Das goldene Horn ist ein Fluss, der die europäische Seite Istanbuls in zwei Teile teilt. Auf der einen Seite die historische Altstadt mit den christlich orthodoxen Vierteln auf deren anderen Seite das neue Istanbul mit Industrieanlagen und den neuen Banken und Geschäftsvierteln.

Alte Werftgebäude am Ufer des Goldenen Horns

Alte Werftgebäude am Ufer des Goldenen Horns

Nach meinen Notizen gibt es eine Fähre die im Zick-Zack das Goldene Horn mehrmals überquert, um dann in Eyüp zu drehen und zurück zu fahren. Nach einigen Rechechen im Internet erfahren wir schließlich zwei wesentliche Dinge. Die Fähre verkehrt stündlich. Und sie ist schwer zu finden. In einem Reiseblog haben wir eine Beschreibung gefunden. Ziemlich gespannt ob wir den Fähranleger tatsächlich finden ziehen wir los.

 

Muslimischer Friedhof

Muslimischer Friedhof

Mit der Straßenbahn geht es hinunter nach Eminönü. Hier reihen sich nun Fähranleger an Fähranleger. Der Anleger den wir suchen soll sich jedoch abseits befinden, ein Stück in den Hafen hinaus, gegenüber des Universitätsgebäudes. Wir sind ein Stück in das goldene hinein gegangen bis zum letzten Anleger am Busbahnhof, haben keine Fähre nach Eyüp gefunden. Ich geht noch ein wenig weiter zwischen dem letzten Anleger und einem Parkplatz ist ein schmaler Gang, der in Richtung der Kais führt. An seinem Ende entdecken wir schließlich die obligatorische Holzhütte der städtischen Fähren. Oben über dem Eingang thront das Schild Eyüp. Wir vergleichen noch einmal die Fährzeiten. Im Sommer verkehrt die letzte Fähre zurück nach Eminönü eine Stunde später. Bis unsere Fähre kommt dauert es noch eine Weile und wir warten in der Holzhütte. Dann ist es soweit und die Fähre legt an. Wir gehen an Bord und eine spannende Fahrt kreuz und quer über das goldene Horn beginnt. Es geht vor an alten Werftgebäuden die mit großformatigen Graffiti besprüht sind. Die großen Hallen scheinen schon längere Zeit leer zu stehen. Dann geht die Fahrt vorbei an einem riesigen zweistöckigen grauen Hausboot, was ich bei näherem hinschauen als eine Art Kasernenschiff entpuppt. Als nächstes sehen wir ein U-Boot mitten im goldenen Horn. Als daneben noch einige andere exotische Wasserfahrzeuge auftauchen wird aber schnell klar, dass es sich um ein Schiffsmuseum handelt. Zwischendurch legen wir immer wieder mal an. Es geht vorbei an der ersten Galatabrücke, die abgebaut weil sie nicht mehr sicher genug war. Die Pontons liegen rechts und links an Ufernähe und warten darauf restauriert und wieder in Betrieb genommen zu werden. Außerdem ist es möglich mit dieser Fähre auch St. Stefan zu erreichen, jener Kirche aus Gusseisen, die von Österreich aus hierher transportiert wurde. Nach rund 35 Minuten auf dem Wasser erreichen wir schließlich Eyüp. Von weitem schon ist die Seilbahn auf den Friedhofsberg erkennbar. Wir legen an.

 

Alte und neue Gräber liegen hier dicht bei einander

Alte und neue Gräber liegen hier dicht bei einander

Vom Fähranleger läuft man ungefähr 10 Minuten bis zur Seilbahn. Nun beginnt das warten. In einer Schlange, die sich die Talstation herum zieht, brauchen wir eine dreiviertel Stunde bis wir das Drehkreuz zu den Kabinen erreichen. Die Kabinen fassen jeweils nur 12 Personen und fahren gegenläufig den Berg immer hoch und wieder herunter. Doch das Warten belohnt einen mit einem tollen Blick über das goldene Horn, der nur durch die etwas zerkratzen blauen Plastikscheiben der Gondeln getrübt wird.

 

Oben angekommen kann man dann im beginnenden Sonnenuntergang über die ganze Stadt schauen. Schnell wird auch klar, dass wir uns wohl auch auf dem letzten schiffbaren Stück des goldenen Hornes befinden. Zumindest was die großen Fähren angeht. Etwas weiter oben wird der Fluss von mehreren Inseln in deutlich schmalere Rinnen geteilt. Für einen Besuch des Kaffees, bleibt leider keine Zeit, weil wir letzte Fähre zurück in die Stadt bekommen müssen. In steilen Mäandern geht es den Berg hinunter. Links und Rechts flankiert von alten und neuen osmanischen Gräbern, zwischen denen sich die Friedhofskatzen tummeln, die hier ihr auskommen haben.

 

Plötzlich ertönt Gezeter. Ein Wagen der Friedhofsverwaltung ist in einem der engen Wege zwischen den Stützmauern der Wege stecken geblieben. Ein alter Mann in einem langen weißen Gewand und einem ebenso weißen Bart schreit den Fahrer an, der mit hochdrehendem Motor versucht rückwärts den Berg wieder herunter zu fahren. Etwas surreal wird die ganze Situation dann, als wir, wie auch andere Besucher über eine der Mauern an dem Wagen vorbei drängen und feststellen, dass der Streit wohl mit dem auf der Ladefläche in bedrohlicher Schieflage hängenden Sarg zusammen hängt. Selbst in Nachhinein wirkt die Szene auf mich immer noch etwas albtraumhaft.

 

Eyüp-Sultan-Moschee

Eyüp-Sultan-Moschee

Wir steigen den weiter den Berg hinunter und erreichen schließlich die Eyüp-Sultan-Moschee. Vor der Moschee haben sich eine Reihe Devotionalien-Shops neben den Händlern von chinesischen Plagiaten amerikanischer Sonnenbrillen angesiedelt. Daneben gibt es noch einige Stände die Essen anbieten. So gesehen kann man den Vergleich mit einem muslimischen Disneyland, der Ausdruck stammt aus einem Reiseblog den ich gelesen hatte, schon verstehen. Denn hier wird der Besuch der Moschee zum Ausflug für die ganze Familie und oft auch für wenig respektvoll gekleidete Touristen. Für einen Besuch des Gotteshauses fehlt uns aber die Zeit. Wir müssen weiter zum Fähranleger, um die letzte Fähre zu bekommen.

 

Im letzten Abendrot geht es wieder im Zick-Zack unter zahreichen Brücken hindurch zurück nach Eminönü. Und mit der hereinbrechenden Nacht lassen wir uns dann schließlich noch ein Fisch-Ekmek bei den schwimmenden Händlern an der Galatabrücke schmecken.

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