Nacht in der Mahalle
Als der Muezzin zum Nachtgebet ruft, zieht es uns hinaus in die Dunkelheit. Die kleinen Sträßchen führen hinunter zum Bosporus. Es ist Samstag und das ganze Viertel ist auf den Beinen. Die Kinder laufen einem Müllauto hinterher. Verschleierte Frauen stehen an den Straßenecken und unterhalten sich. Die Jugendlichen spielen auf dem Kunstrasenplatz unter Flutlicht Fußball. Das Ganze wird von einer Kulisse eingerahmt, die aus historischen Steinbauten und leider ziemlich verfallenen Holzhäusern besteht. Die schönsten Holzvillen sollen auf der asiatischen Seite Istanbuls stehen. Aber immer wenn ich stehen bleibe und mir die Häuser ansehe oder fotografiere, immer jemand da, der mir sagt, dass diese Gebäude wirklich alt sind. Als könne ich sie vielleicht doch noch retten. Denn leider werden sie nicht restauriert und rotten vor sich hin. Ursprünglich waren diese Häuser sogar bunt bemalt. Später dann haben ihre Besitzer sie an Neuankömmlinge aus Anatolien vermietet, die mit ihren Familien oft nur einen Raum bewohnten. Die Eigentümer hatten nur Interesse am Geld der Zugereisten. Bis heute lassen sie Bauten lieber verrotten, damit irgendwann die Grundstücke für viel Geld verkaufen können. Aber in einigen der Häuser wohnen immer noch Menschen. Es sind oft alte, die am Nachmittag auf den Fensterbrüstungen sitzen und dem Treiben auf der Straße zuschauen.
Nach ein paar Straßenbiegungen geht unter der Eisenbahnlinie durch. Wir überqueren die Kennedy Caddesi und stehen unvermittelt vor einer Stahlwand, die uns den Blick hinaus auf den Bosporus verwehrt. Richtung Goldenes Horn geht immer an der Wand entlang, bis wir endlich auf das freie Wasser sehen können. Und natürlich auf die Bosporusbrücke, die sich beleuchtet zwischen den Kontinenten spannt. Über die Uferpromenade gehen wir weiter. Viele Menschen sitzen hier auf den Steinen, grillen Fisch und genießen die laue Nacht. Mittlerweile kann man auch schon die Galatabrücke sehen. Ganz plötzlich endet die Promenade an einer Betonmauer. Wie ich später auf der Karte sehe ist es ist eine Teil der Metrostation Sirkeci. Links von uns kommen viel Menschen aus einem Tor eines hell erleuchteten Parks. Es ist der Eingang in den Garten des Topkapi-Plastes. Und grob auch die Richtung um wieder zu unserem Hotel zu gelangen. Wir machen uns also wieder an den Aufstieg. Ich habe langsam die Orientierung verloren und bin müde. Also trotte ich meinem Sohn hinterher, der genau zu wissen scheint wo es lang geht. Schließlich erreichen wir nach gut 20 Minuten Fußweg das Tor auf der anderen Seite des Parks. Dahinter liegt dann auch die Blaue Moschee und ganz dicht dabei die Straßenbahnstation Sultanahmet.
So, das war unser der erste Spaziergang durch Istanbul. Als nächstes könnt ihr hier lesen, wie wir von Europa nach Asien laufen.